Die Fumarsäure gehört zu den Fruchtsäuren, sie ist eine organisch-chemische, ungesättigte Dicarbonsäure und kommt als Zwischenprodukt verschiedener Stoffwechselvorgänge wie dem Citrat- und Harnstoffzyklus in allen lebenden menschlichen und tierischen Zellen vor, aber auch in verschiedenen Pflanzen, Pilzen und Flechten. Als Heilmittel ist Fumarsäure schon seit der griechischen Antike bekannt.
Der Name Fumarsäure stammt von der lateinischen Bezeichnung des Gemeinen Erdrauchs, Fumaria officinalis, da dieses Kraut besonders viel Fumarsäure enthält. Die zu den Mohngewächsen gehörende Pflanze wird vor allem als Tee gegen Beschwerden der Gallenwege sowie bei Magenkrämpfen eingesetzt, denn die im Erdrauch enthaltenen Alkaloide Protopin, Fumarofin und Fumasritrin regeln den Gallenfluss und wirken krampflösend. Außerdem wirkt Erdrauchtee leicht abführend und entzündungshemmend sowie blutreinigend.
Die entzündungshemmende Wirkung wird bei Hautproblemen wie Akne, Ekzemen oder Schuppenflechte geschätzt. Sie beruht vor allem auf der Fumarsäure, allerdings ist deren Bioverfügbarkeit nicht sehr hoch. Weitere Inhaltsstoffe des Erdrauchs sind die Flavonoide Rutin und Quercetin sowie verschiedene Bitter- und Schleimstoffe. Erdrauchtee soll Spannungen im emotionalen Bereich lösen und ausgleichend wirken.
Bei der synthetischen Herstellung der Fumarsäure aus Maleinsäure entstehen farblose bis weiße, fast geruchlose, brennbare Kristalle, die schwer in Wasser löslich sind. Die wässrige Lösung reagiert sauer. Die Salze der Fumarsäure heißen Fumarate, viele pharmazeutisch wirksame Substanzen werden in dieser Form verabreicht.
In der Lebensmittelindustrie wird Fumarsäure wegen ihres sauren Geschmacks als Säuerungsmittel und zur Konservierung eingesetzt, sie ist als Lebensmittelzusatzstoff E 297 zugelassen und wird vor allem in Trockenprodukten verwendet, weil sie anders als andere Säuerungsmittel kein Wasser anzieht. In der Synthesechemie wird Fumarsäure für die Polyester-Herstellung verwendet. Sie ist auch zur Stabilisierung des pH-Werts in Kosmetika und als Bestandteil von Arzneimitteln zugelassen.
Als Zusatzstoff, also in sehr geringen Mengen, gilt Fumarsäure als unbedenklich, der Verzehr größerer Mengen kann leicht abführend wirken, sie wird auch als schwach haut- und schleimhautreizend beschrieben und als potenzielles Kontakt- und Nahrungsmittelallergen betrachtet.
Fumarsäureester werden zur Langzeitbehandlung der Psoriasis vulgaris, also der Schuppenflechte, sowie seit 2013 als Basistherapie der schubförmig-remittierenden Multiplen Sklerose eingesetzt, um weitere Schübe möglichst zu vermeiden. Die Behandlung mit Fumarsäure verringert die Häufigkeit der Schübe bei MS um bis zu 50 % und soll dadurch das Voranschreiten der Erkrankung verzögern.
Fumarsäurepräparate wirken immunsuppressiv und sollen dadurch die überschießenden Immunreaktionen regulieren, die bei MS die Schübe auslösen, indem die Entzündung der Nervenfasern in Gehirn und Rückenmark durch Freisetzen eines Zellschutzfaktors gehemmt wird. Auch die Zytokin-Produktion wird gehemmt. Zytokine gehören zu den Peptiden, es sind kleine, regulatorisch wirkende Proteine, die der Signalübertragung zwischen Zellen dienen. Unter anderem koordinieren und stimulieren Zytokine das Immunsystem und fördern Entzündungen. Zytokine spielen nicht nur bei der Schuppenflechte und MS eine erhebliche Rolle, sondern zum Beispiel auch bei schweren Coronaerkrankungen.
Das Arzneimittel Tecfidera enthält Dimethylfumarat (DMF) und wird in Kapseln und Tabletten verabreicht, es wird im Dünndarm aufgenommen und ersetzt die Injektionen mit Beta-Interferon. Als Nebenwirkungen treten vor allem im ersten Monat bei circa 1/3 der Patienten Flush, also eine Gesichtsrötung und Hitzegefühl auf, sowie bei circa 10 - 15 % Magen-Darm-Probleme wie Übelkeit, Durchfall, Blähungen und Bauchschmerzen. In selteneren Fällen wurden mit Juckreiz verbundene Hautallergien, erhöhte Leberwerte, Benommenheit, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Blutbildveränderungen wie eine reduzierte Lymphozytenzahl, Kaposi-Sarkom und Hinweise auf Nierenerkrankungen festgestellt. Betroffene berichten zudem über weitere Nebenwirkungen wie Haarausfall, Müdigkeit, Gewichtszunahme durch Wassereinlagerungen, Mundtrockenheit, Naselaufen, Appetitlosigkeit oder Sehstörungen.
Unter Dimethylfumarat können - ebenso wie auch bei anderen MS-Mitteln – schwere Infektionen auftreten, weil das Immunsystem gebremst wird. Vereinzelt kann es zum Auftreten einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie, einer durch Viren verursachten gefährlichen Gehirnerkrankung kommen. Während einer Behandlung mit Fumarsäurepräparaten ist deshalb eine regelmäßige Kontrolluntersuchung zwingend notwendig, vor allem die der Blut-, Leber- und Nierenwerte. Nach Absetzen der Medikamente normalisieren sich die Werte wieder.
Wegen der möglichen Nebenwirkungen sollten Menschen mit einer akuten, schweren Infektion, schweren Nieren- oder Leberproblemen, Ulcus ventriculi, Ulcus duodeni oder einer Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff keine Fumarsäurepräparate einnehmen. Auch Schwangere, Stillende sowie Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sollten diese Medikamente vermeiden.
Bei Einnahme der Präparate zu den Mahlzeiten sollten sich sich die leichteren Nebenwirkungen reduzieren. Betroffene berichten, dass eiweißhaltige Lebensmittel, vor allem Milch oder Joghurt, dabei helfen. MS-Erkrankte nehmen üblicherweise viele Nebenwirkungen in Kauf, um von den Medikamenten loszukommen, die regelmäßig gespritzt werden müssen und auch nicht nebenwirkungsfrei sind
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