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Cannabis, auf deutsch Hanf, wird seit Jahrtausenden in verschiedenen Kulturen gegen die unterschiedlichsten Leiden verwendet. Hanf ist ein wichtiger nachwachsender Rohstoff und dient traditionell zur Produktion von Kleidung, Isoliermaterial und Seilen, Speiseölen, Nahrung, ätherischen Ölen, Kosmetik und als Heilpflanze. Pharmakologisch besonders interessant sind vor allem die weiblichen Hanfblüten. Sie scheiden ein Harz aus, das reich an Cannabinoiden ist. Aus THC-haltigem Hanf werden psychoaktive Drogen hergestellt, seit dem Verbot von Anbau und Nutzung wurde Cannabis die weltweit meistbenutzte illegale Droge. Mit dieser Begründung ist auch der Nutzhanfanbau mit einem zulässigen THC-Gehalt von unter 0,2 % in der EU weiterhin nur unter deutlich erschwerten Bedingungen möglich.

Cannabis hilft bei Übelkeit, Erbrechen, Prämenstruellem Syndrom, Magersucht, Schlaflosigkeit und Appetitlosigkeit. Positive Effekte wurden auch bei der Behandlung von Spastiken, starken, auch chronisch-neuropathischen Schmerzen, Bewegungsstörungen, Asthma und Glaukom erzielt und auch bei Epilepsie scheint es zu helfen. Während einer Chemotherapie kann Cannabis den häufig auftretenden Brechreiz unterdrücken und den Appetit steigern, auch in der AIDS-Therapie wird es deswegen angewendet. Eine positive Wirkung wird bei der Behandlung von Krebs, Autoimmunerkrankungen und Verhaltensstörungen wie ADHS angenommen.

Hanfpflanzen werden in Cannabis sativa und Cannabis indica eingeteilt. Hanf ist sehr einfach anzubauen, schnellwachsend, anspruchslos und wächst auch auf ausgelaugten, verhärteten Böden. Hanf ist äußerst schädlingsresistent und pflegeleicht, in den gemäßigten bis tropischen Zonen wächst er fast überall, produziert mehr Biomasse als jede andere heimische Nutzpflanze und ist sehr vielseitig einsetzbar. Hanfsamen enthalten Proteine, Kohlenhydrate, Fette, Ballaststoffe sowie Vitamine und Mineralien. Hanföl enthält über 90 % mehrfach ungesättigte Fettsäuren und ist dadurch ein sehr wertvolles Speiseöl.

Obwohl heute trotz strengster Auflagen wieder legal mehr Hanf angebaut wird, übersteigt die Nachfrage die Produktion bei weitem. Unter anderem werden Hanfprodukte wegen ihrer hohen Haltbarkeit, Umweltverträglichkeit und niedrigen Energiebilanz geschätzt. Cannabis ist praktisch ungiftig, weder durch Rauchen noch durch Essen von Cannabis ist eine toxische Wirkung zu erreichen. Hanfsamen finden auch als Futtermittel Verwendung, die Hanffasern werden weiterhin für Bekleidung und in der Bauindustrie verwendet. Das Öl dient unter anderem als Grundstoff zur Gewinnung zugelassener Arzneimittel wie beispielsweise Dronabinol. Patienten mit schweren Erkrankungen dürfen seit 2017 Cannabisarzneimittel auf Kosten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verschrieben werden, dazu zählen die zugelassenen Fertigarzneimittel Sativex® und Canemes® und verschiedene cannabishaltige Zubereitungen sowie getrocknete Medizinalcannabisblüten.

Nachdem Ende der 1980er-Jahre das körpereigene Endocannabinoid-System mit seinen Rezeptoren entdeckt wurde, wird verstärkt über die Wirkungsweise der Cannabinoide geforscht, die in dieser Form nur in der Hanfpflanze vorkommen. Die Heilwirkung beruht vor allem auf den InhaltsstoffenΔ9-Tetrahydrocannabinol (THC), Cannabidiol (CBD) und Cannabiol (CBN), die als Cannabinoide bezeichnet werden, sich gegenseitig verstärken und mit dem Endocannabinoid-System interagieren. Außerdem enthalten Cannabiszubereitungen über 120 verschiedene Terpene und 21 Flavonoide mit verschiedenen pharmakologischen Eigenschaften.

Das Endocannabinoid-System umfasst im zentralen und peripheren Nervensystem vor allem die Rezeptoren CB1, der unter anderem Glücksgefühle, Entspannung sowie das Schmerzempfinden steuert, und CB2, der für das menschliche Immunsystem bedeutend ist, da die Zellen des Immunsystems diesen Rezeptor besitzen. Außerdem findet sich dieser Rezeptor in roten Blutkörperchen, in Darmzellen und in bestimmten Knochenzellen. Die Cannabinoid-Rezeptoren steuern die Körperbewegung und -koordination, das Gedächtnis und komplexe kognitive Fähigkeiten sowie Übelkeit und Brechreiz, sie beeinflussen die Selbstregulation des Organismus, die Entstehung von Ängsten und das Schmerzempfinden.

Cannabinoide können vom Endocannabinoid-System produziert werden, aber vor allem bei Erkrankungen oder starkem Stress wird die Produktion der körpereigenen Cannabinoide eingestellt. Um wieder ein Gleichgewicht zu erhalten, ist es hilfreich, Cannabinoide zuzuführen. Bei spastischen Störungen liegt auch eine Störung des körpereigenen Cannabinoid-System vor, vermutlich fehlen Endocannabinoide. Mit den Cannabinoiden THC und CBD kann dieses Defizit ausgeglichen werden. Sie setzen sich an die Cannabinoid-Rezeptoren, dadurch werden die Nervenimpulse reguliert und letztendlich die Spastik vermindert.

Bei Spastiken als Folge einer Multiplen Sklerose darf Sativex® ohne Antrag verordnet werden, wenn andere Medikamente gegen die Spastik nicht geholfen haben. Es enthält CBD und THC in gleichen Teilen, es macht nicht abhängig, es zeigt sich kein Gewöhnungseffekt und es kann auch problemlos wieder abgesetzt werden. Es muss aber unbedingt auf mögliche Wechselwirkungen mit Medikamenten geachtet werden. Während der Schwangerschaft und Stillzeit sollte Sativex nicht angewendet werden, auch nicht bei schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Während der Therapie sollte zudem auf Alkoholgenuss verzichtet werden.

So gut wie THC-frei ist CBD-Öl, das im Moment legal erhältlich ist und in der EU als Nahrungsergänzungsmittel gilt. Es stammt von EU-zertifiziertem Nutzhanf, der weniger als 0,2% THC enthält. Besonders vorteilhaft wirkt das sogenannte Vollspektrum CBD-Öl, das neben CBD weitere Inhaltsstoffe der Cannabispflanze enthält. CBD-Öl wirkt individuell unterschiedlich, die eigene Dosierung muss jeder für sich selbst herausfinden. CBD-Öl darf auf den großen Online-Handelsplattformen nicht als solches bezeichnet werden, daher ist es einfacher, das Öl direkt vom Hersteller zu beziehen.

CBD kann bei Schmerzen, Ängsten, Schlafproblemen, Arteriosklerose, Spastiken und dem typischen MS-Fatigue helfen, eine langfristige CBD-Einnahme kann entzündliche Reaktionen vermindern und das Immunsystem stabilisieren sowie die Herzfunktion verbessern. CBD-Öl wirkt appetitanregend, immunmodelierend, blutzuckersenkend, antibakteriell, gegen Erbrechen (antiemetisch) und es scheint den vom Uhthoff-Phänomen Geplagten zu helfen, Wärme besser zu ertragen. Als Vollspektrumöl enthält es Antioxidantien und einen hohen Anteil an nervenschützenden Omega 3- und Omega 6 Fettsäuren im optimalen Verhältnis. Wer an einer Autoimmunkrankheit leidet, sollte die CBD-Einnahme immer mit dem Behandler absprechen, um unangenehme Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu vermeiden.

Nicht angewendet werden sollte CBD-Öl während der Schwangerschaft und bei Einnahme von Säure- und Gerinnungshemmern, Schmerzmitteln und Neuroleptika. Auch weitere Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel können eventuell Wechselwirkungen hervorrufen, daher sollte vor der Einnahme unbedingt mit dem Behandler gesprochen werden.

Gesundheitliche Hinweise

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